Wie der Kragenbär "Knubi" in den Saalkreis kam
Ein Guten-Morgen-Märchen

Es war einmal vor langer Zeit ein Land im Norden, eine Gegend der Welt nahe eines Berges, der jetzt Brocken heißt. Dort gab es Wälder so undurchdringlich, wie man es sich nicht mehr vorstellen kann. Sie waren reich an Beeren, frischen Fichtenknospen, Pilzen und Gebirgsbächen. Unter dem Schutz der riesigen Bäume lebten viele Tiere. In den Höhlen jedoch hatten es sich die Bären gemütlich gemacht.

Doch dann brach eine Zeit an, die das Leben der Waldtiere veränderte. Räuber, Ritter, Hexen, Holzfäller und später Bergleute machten den Bären das Leben schwer. Darüber waren die Bären sehr traurig und viele von ihnen ärgerten sich schwarz. Nur am Hals blieb ihnen ein weißer Kragen der Hoffnung. Als kein Baum und kein Strauch mehr stand und auch die Futtersuche immer schwieriger wurde, mussten die Bären

auswandern. Sie beschlossen schließlich, weit wegzugehen, um die Menschen zu meiden. In Tibet fanden sie schließlich eine neue Heimat und trainierten dort eine spezielle Kampfkunst. Von Generation zu Generation gaben sie ihr Können weiter, und so bildete sich über die Jahrhunderte ein großes starkes Bärengeschlecht heraus.

Eines Tages kam ein Fremder des Weges, der so aussah wie ihre Urväter. Er erzählte von seiner Heimat und dass es dort seit geraumer Zeit freundliche Menschen gäbe, die sich der Natur zuwenden. Er hatte leckere Wegzehrung mit, ein hochgelobtes Produkt aus seiner Heimat: die Imperialrübe. Sie war riesengroß und schmeckte wunderbar süß. Die folgenden Tage und Wochen erzählte der Fremde noch viel über die Menschen seiner Gegend, und die Kragenbären hörten aufmerksam zu.

Als der Fremde sich verabschiedete, um wieder nach Haus zurückzukehren, beschlossen einige

Kragenbären aus der Familie, ihn zu begleiten mit dem festen Entschluss: Wir lassen uns nicht an den Kragen gehen!

Sie halfen den Menschen, mit der Natur in Einklang zu leben und beschützten sie. Und so bildete sich ein Siedlungsgürtel heraus, rund um die Stadt Halle an der Saale.

Im Saalkreis leben heute schon viele Kragenbären. Doch sie offenbaren sich nicht jedem. Wenn man aufmerksam ist, kann man sie vielleicht eines Nachts in einer Scheune schmatzen hören. Oder der bepelzte Mann, der das Vieh hütet - war das wirklich ein Mensch mit einem langen Mantel?

Mancher hat sie auch schon bei einem zufälligen Blick in einen Kinderwagen oder in einer Manteltasche gesehen. Neulich soll sogar einer aus einem Aktenkoffer gepurzelt sein und sich schnell im Papierkorb versteckt haben - mitten in einer wichtigen Geschäftsbesprechung...